Teil 1: Anwendungsbereich der Sozialversicherungs-gesetzgebung
Titel 3: Territorialität
Kapitel 2: Multi- und bilaterale Abkommen

1.3.201 A. MITGLIEDSSTAATEN DES EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTSRAUMS (EWR) UND DIE SCHWEIZ
1.3.202 1. Beschäftigung auf dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaat
1.3.203 2. Gleichzeitige Beschäftigung auf dem Hoheitsgebiet mehrerer Mitgliedsstaaten
1.3.204 3. Entsendung
1.3.205 B. DURCH DAS EUROPÄISCHE SOZIALVERSICHERUNGSABKOMMEN GEBUNDENE LÄNDER
1.3.206 C. DURCH EIN BILATERALES ABKOMMEN GEBUNDENE LÄNDER
1.3.207 1. Beschäftigung auf dem Hoheitsgebiet eines einzigen Landes
1.3.208 2. Gleichzeitige Beschäftigung auf dem Hoheitsgebiet zweier Länder
1.3.209 3. Entsendung
1.3.210 4. Zusätzliche belgische Deckung im Falle einer Anwendung des lokalen Sozialversicherungsgesetzes
1.3.211 5. Übersicht
1.3.212 D. AUSSCHLÜSSE AUFGRUND DER STAATSBÜRGERSCHAFT DES ARBEITNEHMERS

A. MITGLIEDSSTAATEN DES EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTSRAUMS (EWR) UND DIE SCHWEIZ

1.3.201

Die Verordnung EWG 1408/71 bestimmt die anwendbare Gesetzgebung zur Sozialen Sicherheit für die Staatsangehörigen folgender Länder, wenn sie ihre Berufstätigkeit auf dem Hoheitsgebiet eines oder mehrerer dieser Länder ausüben: Belgien, Frankreich, Niederlande, Deutschland, Großherzogtum Luxemburg, Italien, Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland, Irland, Dänemark, Griechenland, Spanien, Portugal, Österreich, Finnland, Norwegen, Schweden, Island, Liechtenstein, Schweiz, Polen, Lettland, Estland, Litauen, Malta, Zyprus (griechischer Teil), Tschechien, Slowakei, Ungarn und Slowenien. Ab dem 01.01.2007 ist die EWG-Verordnung auch auf folgende Länder anwendbar, die an diesem Datum der Europäischen Union beigetreten sind: Rumänien, Bulgarien

Ab dem 01.06.2003 ist die Verordnung EWG 1408/71 auch auf Staatsangehörige aus Drittländern anwendbar, die nur wegen ihrer Staatsbürgerschaft nicht unter die Bestimmungen dieser Verordnung fallen, unter der Bedingung, dass sie:

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1. Beschäftigung auf dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaat

1.3.202

Jeder Lohnempfänger fällt unter das Gesetz zur Sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem er arbeitet, sogar dann, wenn er in einem anderen Mitgliedstaat wohnt und/oder sein Arbeitgeber in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist. Der Arbeitgeber muss den Verpflichtungen in Bezug auf die Einrichtung der Sozialen Sicherheit des Beschäftigungslandes nachkommen. Top

2. Gleichzeitige Beschäftigung auf dem Hoheitsgebiet mehrerer Mitgliedsstaaten

1.3.203

ei gleichzeitiger Arbeit als Lohnempfänger auf dem Hoheitsgebiet verschiedener Mitgliedstaaten, mit Ausnahme der Arbeitnehmer, die im internationalen Transport beschäftigt sind, gibt es 3 Möglichkeiten:
An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass die o.a. Gesetzgebung auf alle Leistungen anwendbar ist. Das heißt, wenn der Arbeitnehmer für mehrere Arbeitgeber arbeitet, muss jeder Arbeitgeber der Einrichtung der Sozialen Sicherheit des befugten Mitgliedstaats beitreten. Bei der zuständigen Anstalt dieses Landes muss das Formular E101 zur Begründung der Sozialversicherungspflicht angefordert werden. In Belgien können Sie sich hierzu an das LSS, Dienststelle Migrerende Werknemers / Travailleurs migrants [Wanderarbeitnehmer], wenden, Tel. 02 509 37 89 (Niederländisch) und 02 509 26 44 (Französisch).

Für Arbeitgeber, die zur gleichen Gruppe gehören, können die gemeinsamen Leistungen, die ein Arbeitnehmer für zwei oder mehrere Arbeitgeber erbringt, auf der Meldung des belgischen Arbeitgebers angegeben werden, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:


Neben diesen Formen der gleichzeitigen Beschäftigung auf dem Hoheitsgebiet mehrerer Mitgliedstaaten bestimmt die Verordnung 1408/71 für zahlreiche andere Fälle gleichzeitiger Beschäftigung die anwendbare Gesetzgebung gemäß dem Prinzip, dass, falls möglich, die Gesetzgebung von nur einem Mitgliedstaat angewendet wird. An dieser Stelle ist es nicht möglich, alle Fälle (z.B. die gleichzeitige Durchführung von Aktivitäten als Lohnempfänger und Selbständiger, für den internationalen Transport usw.) zu erörtern. Für weitere Informationen zu dieser Gesetzgebung wenden Sie sich bitte an das LSS, Dienststelle Migrerende Werknemers / Travailleurs migrants [Wanderarbeitnehmer], unter der o.a. Rufnummer. Die Dienststelle Internationale Overeenkomsten / Relations internationales [internationale Beziehungen] des LSS kann gleichfalls Informationen über Regeln erteilen, die für Personen gelten, die unter eine Sonderordnung für Beamte fallen und entweder in mehreren Mitgliedsstaaten arbeiten oder gleichzeitig als Lohnempfänger und/oder nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses in einem oder mehreren Mitgliedsstaaten arbeiten (Tel.: 02 509 27 99 [Niederländisch] und 02 509 27 95 [Französisch]).

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3. Entsendung

1.3.204

Wenn ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer in einen anderen Mitgliedstaat entsendet, um dort auf seine Rechnung zu arbeiten, fällt der Arbeitnehmer weiterhin unter das Gesetz zur Sozialen Sicherheit des Landes, in dem er normalerweise arbeitet, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:


Man kann auch einen Arbeitnehmer zur sofortigen Entsendung anwerben, wenn alle obigen Bedingungen erfüllt sind und der Arbeitgeber in dem Land ansässig ist, in dem er den Arbeitnehmer einstellt.

Vor der Entsendung fordert der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer eine Entsendebescheinigung (Formular E101) bei der zuständigen Anstalt im entsendenden Land an. Für Belgien ist das LSS die zuständige Anstalt. Über die Website der sozialen Sicherheit (www.soziale-sicherheit.be) kann der Arbeitgeber die zur Entsendung von Arbeitnehmern erforderlichen Dokumente elektronisch anfragen. Zusätzliche Informationen sind bei der Dienststelle Migrerende Werknemers / Travailleurs migrants [Wanderarbeitnehmer] erhältlich (Tel. 02 509 37 89 [Niederländisch] und 02 509 26 44 [Französisch]).

Wenn wegen unvorhergesehener Umstände die Dauer der Arbeiten im Ausland verlängert wird und 12 Monate überschreitet, ist das Gesetz zur Sozialen Sicherheit des Landes, in dem der Arbeitnehmer normalerweise beschäftigt ist, für höchstens 12 weitere Monate anwendbar, soweit die zuständige Anstalt des Empfangslandes damit einverstanden ist. Zu diesem Zweck beantragt der Arbeitgeber vor Ablauf der ersten Jahresfrist eine Verlängerung der Entsendung (Formular E102) bei der zuständigen Anstalt des entsendenden Landes und sendet dieses Formular an die zuständige Anstalt des Empfangslandes. Nach der zweiten Jahresfrist kann der Arbeitnehmer normalerweise nicht mehr unter das Gesetz zur Sozialen Sicherheit des Landes fallen, in dem er normalerweise arbeitet. Im Rahmen der Verordnung dürfen die zuständigen Behörden der betreffenden Mitgliedstaaten im Interesse des/der Arbeitnehmer(s) jedoch zusätzliche Abweichungen genehmigen. Für Belgien wird der Antrag gerichtet an die Dienststelle Internationale Overeenkomsten / Relations internationales [internationale Beziehungen] des LSS, Tel. 02 509 27 99 (Niederländisch) und 02 509 27 95 (Französisch). So kann die Entsendefrist im Grunde 5 Jahre betragen. Etwaige Anträge können elektronisch über die Website der sozialen Sicherheit eingereicht werden (www.soziale-sicherheit.be).

Für die Entsendung von Arbeitnehmern in eines der Länder, die ab dem 01.01.2007 zur Europäischen Union gehören, nämlich Rumänien und Bulgarien, gelten besondere Übergangsmaßnahmen. Die betreffenden Informationen sind bei der Dienststelle Migrerende Werknemers / Travailleurs migrants [Wanderarbeitnehmer] erhältlich (Tel. 02 509 37 89 [Nieder­ländisch] und 02 509 26 44 [Französisch]). Top


B. DURCH DAS EUROPÄISCHE SOZIALVERSICHERUNGSABKOMMEN GEBUNDENE LÄNDER

1.3.205

Inhaltlich sind die Bestimmungen dieses Abkommens nahezu mit denen der Verordnung EWG 1408/71 identisch. Es ist auf die Staatsangehörigen der folgenden Länder anwendbar, sofern die Bestimmungen der Verordnung EWG 1408/71 nicht anwendbar sind: Belgien, Großherzogtum Luxemburg, Italien, Niederlande, Österreich, Portugal, Spanien und die Türkei.

Im Wesen wird dieses Abkommen nur in Bezug auf bestimmte Beschäftigungen auf türkischem Hoheitsgebiet verwendet, wofür das belgisch-türkische Abkommen angesichts der Staats­bürger­schaft des Arbeitnehmers keine Anwendung findet, z.B. für die Entsendung eines spanischen Arbeitnehmers aus Belgien in die Türkei. Top


C. DURCH EIN BILATERALES ABKOMMEN GEBUNDENE LÄNDER

1.3.206

Belgien ist an folgende Länder durch ein bilaterales Sozialversicherungsabkommen gebunden: Die USA, Kanada, San Marino, Jugoslawien (nur noch für Serbien, Mazedonien, Bosnien-Herzegowina sowie die Republik Montenegro), die Türkei, Algerien, Marokko, Tunesien, Israel, Chile, Australien, Kroatien, die Philippinen und Japan

Diese Abkommen gelten im Grunde nur für die Staatsangehörigen der vertragschließenden Länder. Einige Abkommen sehen aber die Möglichkeit vor, Nicht-Staatsangehörige zu entsenden (siehe Tabelle). Top


1. Beschäftigung auf dem Hoheitsgebiet eines einzigen Landes

1.3.207

Der Arbeitnehmer fällt unter das Gesetz zur Sozialen Sicherheit des Landes, in dem er arbeitet. Der Arbeitgeber muss den Verpflichtungen in Bezug auf die Einrichtung der Sozialen Sicherheit des Beschäftigungslandes nachkommen. Top

2. Gleichzeitige Beschäftigung auf dem Hoheitsgebiet zweier Länder

1.3.208

Der Arbeitnehmer fällt unter das Gesetz zur Sozialen Sicherheit von jedem Land betreffend die dort ausgeführten Tätigkeiten. Der/die Arbeitgeber muss/müssen seinen/ihren Verpflichtungen in Bezug auf die Einrichtungen der Sozialen Sicherheit von jedem Land nachkommen, in dem er/sie seinen/ihre Arbeitnehmer beschäftigt/beschäftigen. Top

3. Entsendung

1.3.209

Die durch die verschiedenen Abkommen festgelegten Entsenderegeln sind nahezu mit denen der EWG-Verordnung (siehe oben) identisch. Für die Entsendungen in die und von den USA, nach und von Australien sowie nach und von Japan wurde die anfängliche Entsendefrist allerdings auf 5 Jahre festgelegt, für Kanada, Chile, die Türkei, Kroatien und die Philippinen auf 2 Jahre (statt 12 Monaten in der Verordnung). Für diese 8 Länder müssen Sie eventuell einen Antrag auf Verlängerung zusätzlich zur anfänglichen Entsendefrist direkt richten an die Dienststelle Internationale Overeenkomsten / Relations internationales [internationale Beziehungen] des LSS, Tel. 02 509 27 99 (Niederländisch) und 02 509 27 95 (Französisch). Für andere Länder können Sie sich an das LSS, Dienststelle Migrerende Werknemers / Travailleurs migrants [Wanderarbeit­nehmer], wenden, Tel.: 02 509 37 89 (Niederländisch) und 02 509 26 44 (Französisch). Anträge können elektronisch über die Website der sozialen Sicherheit eingereicht werden (www.soziale-sicherheit.be). Top

4. Zusätzliche belgische Deckung im Falle einer Anwendung des lokalen Sozialversicherungsgesetzes

1.3.210

Wenn ein Arbeitnehmer von Belgien aus in ein Land entsendet wird, in dem die Verordnung 1408/71 nicht gilt, und er nicht länger in Belgien sozialversicherungspflichtig sein kann, kann er fakultativ und eventuell zusätzlich zur Zahlung der Sozialsicherheitsbeiträge im betreffenden Land mit dem Amt für Überseeische Soziale Sicherheit, Louizalaan / Avenue Louise 194 in 1050 Brüssel, Verbindung aufnehmen. Tel.: 02 642 05 11 (www.dosz-ossom.fgov.be).
Das gilt daher auch für ein Land, mit dem Belgien ein bilaterales Abkommen abgeschlossen hat.
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5. Übersicht

1.3.211

LAND +
Datum des Inkraft-tretens
Entsendung:
Beantragen beim LSS
Verlängerung:
Beantragen beim LSS
Ausnahme:
Gleichfalls beantragen beim LSS
USA
1/7/84
5 Jahre
ungeachtet der Staatsbürgerschaft des Arbeitnehmers
Nicht vorgesehen/
KANADA
01/01/87
2 Jahre
ungeachtet der Staatsbürgerschaft des Arbeitnehmers
Nicht vorgesehenAbweichung von Entsendeperiode:
bis zu 5 Jahren insgesamt
ungeachtet der Staatsbürgerschaft des Arbeitnehmers
ALGERIEN
1/10/69
1 Jahr1 JahrAbweichung von Entsendeperiode:
bis zu 5 Jahren insgesamt
TÜRKEI
1/5/68
2 JahreNicht vorgesehenAbweichung von Entsendeperiode:
bis zu 5 Jahren insgesamt
ISRAEL
1/5/73
1 Jahr1 JahrAbweichung von Entsendeperiode:
bis zu 5 Jahren insgesamt
TUNESIEN
1/11/76
1 Jahr1 JahrAbweichung von Entsendeperiode:
bis zu 5 Jahren insgesamt
MAROKKO
1/8/71
1 Jahr1 JahrAbweichung von Entsendeperiode:
bis zu 5 Jahren insgesamt
SAN MARINO
1/10/56
1 Jahr1 JahrAbweichung von Entsendeperiode:
bis zu 5 Jahren insgesamt
JUGOSLAWIEN
1/9/56
1 Jahr1 JahrAbweichung von Entsendeperiode:
bis zu 5 Jahren insgesamt
CHILE
1/11/99
2 JahreNicht vorgesehenAbweichung von Entsendeperiode:
bis zu 5 Jahren insgesamt
AUSTRALIEN
1/7/2005
5 Jahre
ungeachtet der Staatsbürgerschaft des Arbeitnehmers
Nicht vorgesehen/
KROATIEN
1/8/2005
2 JahreNicht vorgesehenAbweichung von Entsendeperiode:
bis zu 5 Jahren insgesamt
PHILIPPINEN
1/8/2005
2 JahreNicht vorgesehenAbweichung von Entsendeperiode:
bis zu 5 Jahren insgesamt
JAPAN
01.01.2007
5 JahrNicht vorgesehenAlle Ausnahmen und Abweichungen von der Entsendefrist sind beim FÖD Soziale Sicherheit zu beantragen.
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D. AUSSCHLÜSSE AUFGRUND DER STAATSBÜRGERSCHAFT DES ARBEITNEHMERS

1.3.212

Bestimmte Sozialversicherungsabkommen sind auf die Staatsbürger der vertragsschließenden Länder begrenzt. Das LSS erlaubt jedoch, dass fremde Arbeitnehmer, die bereits in Belgien zum Zeitpunkt der Entsendung in ein Land versichert sind, mit dem Belgien ein Sozial­versicherungsabkommen abgeschlossen hat, das ihre Entsendung nicht vorsieht, dennoch in diese Länder für einen Zeitraum von 6 Monaten, verlängerbar um 6 Monate, entsendet werden, sofern alle anderen Entsendebedingungen erfüllt sind. Über die Website der sozialen Sicherheit (www.soziale-sicherheit.be) kann der Arbeitgeber die zur Entsendung von Arbeitnehmern erforderlichen Dokumente elektronisch anfragen. Zusätzliche Informationen sind bei der Dienststelle Migrerende Werknemers / Travailleurs migrants [Wanderarbeitnehmer] erhältlich (Tel. 02 509 37 89 [Niederländisch] und 02 509 26 44 [Französisch]). Top